em. Univ.-Prof. Dr. Finzsch liest im kommenden Wintersemester departmentübergreifend ein im wöchentlichen Turnus stattfindendes Seminar mit Vorlesungsanteilen zur Geschichte der Psychoanalyse für Psychotherapie- und Psychologiestudierende.
„Eine Kulturgeschichte der Psychoanalyse im 20. Jahrhundert“
Die Lehrveranstaltung beschäftigt sich mit der Geschichte der Psychoanalyse aus der Perspektive der Kulturwissenschaften. Das bedeutet u.a., dass kein lückenloses Narrativ einer Entwicklung der Psychoanalyse versucht wird, sondern dass der Untersuchungsgegenstand in seiner ganzen Widersprüchlichkeit, mit seinen Kontinuitäten und Brüchen, mit seiner Theorie und Praxis dargestellt werden soll.
Ein Teil der Lehrveranstaltung wird Vorlesungscharakter haben, ein Teil Seminarcharakter. Der Austausch findet statt über „Quellentexte“, d.h. schriftliche Äußerungen beteiligter Personen aus der jeweiligen Zeit sowie Sekundärtexte, d.h. Untersuchungen von Spezialist*innen der Gegenwart.
Daneben gibt es Filme, die als Quellen dienen.
Da die Psychoanalyse in Literatur und Film ihre Spuren hinterlassen hat, wird auch versucht werden, diese Spuren zu lesen. Dabei liegt ein Augenmerk auf der psychoanalytischen und feministischen Filmanalyse. Kulturhistorisch konzentriert sich die Lehrveranstaltung auf Österreich, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA („the West“).
Lehrplan:
Was ist Kulturgeschichte? Was ist Psychoanalyse? Einführung. Verteilung der Aufgaben.
Hysterie; Charcot; Anno O.; Hypnose; Die Entwicklung der „Talking Cure“
Von der Verführung zum Ödipuskomplex
Freud in den USA
Edward Bernays und die Psychoanalyse als „Milchmädchen“ der Psychiatrie
Die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs: Shell Shock, Kriegsneurosen
Sozialpsychologie und Surrealismus; Psychoanalyse in der Kunst
Wilhelm Reich in Österreich und den USA
NS, Exil und WWII: Das Deutsche Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie (Göring-Institut)
Die Popularisierung der Psychoanalyse, psychoanalytische Filmtheorie und die französische Schule
Feminizing Psychoanalysis
Queering Psychoanalysis
Informationen zu Prof. Dr. Norbert Finzsch (em.)
Prof. Dr. Norbert Finzsch (em.) absolvierte ein Studium der Germanistik (vor allem bei Karl Otto Conrady) und Geschichte bei Erich Angermann an der Universität zu Köln, wo er 1977 das Staatsexamen ablegte und 1980 promoviert wurde. Die Dissertation zur US-amerikanischen Geschichte trug den Titel Die Goldgräber Kaliforniens. Arbeitsbedingungen, Lebensstandard und politisches System um die Mitte des 19. Jahrhunderts und war kliometrisch angelegt. Von 1981 bis 1988 war Finzsch wissenschaftlicher Assistent bei Erich Angermann an der Universität zu Köln. 1983/1984 war er Stipendiat des American Council of Learned Societies an der University of California, Berkeley, 1986 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die Sozialgeschichte des Rheinlandes im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. 1990 wurde er stellvertretender Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Washington, 1992 wurde er als Nachfolger von Günter Moltmann auf die Professur für Neuere Geschichte an der Universität Hamburg berufen. Seit 2001 war er Professor für Angloamerikanische Geschichte an der Universität zu Köln. Sein Arbeitsschwerpunkt war die Geschichte der USA und seit 2001 auch die Geschichte Australiens. Von 2005 bis 2007 war er Prorektor der Universität zu Köln. Zwischen 1996 und 2000 war Finzsch mehrfach Research Fellow an der University of California in Berkeley, sowohl am Center for German and European Studies wie auch als Visiting Professor am Center for International Government Studies. 2000 bis 2001 war er Gastprofessor an der Université Michel Montaigne in Bordeaux, 2003 Visiting Fellow des Humanities Research Centre an der Australian National University in Canberra, Australien. 2012/2013 nahm er eine Gastprofessur am Institute for European Studies der University of California in Berkeley als Distinguished Visiting Scholar wahr. Vom Oktober 2014 bis zum April 2015 war Finzsch Fellow des Internationalen Geisteswissenschaftlichen Kollegs „re:work“ an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2017 erhielt er den renommierten Meyer-Struckmann-Preis der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf für seine Leistungen im Bereich der Nordamerikaforschung.