Wir freuen uns sehr, Ihnen die Beiträge zur aktuellen Ausgabe des SFU Forschungsbulletins vorzustellen.

Maximilian Römer eröffnet den Diskurs mit einer tiefgründigen Untersuchung des Rauchens aus psychoanalytischer Sicht. Ausgehend von historischen Betrachtungen, entwickelt er ein Narrativ, das die Entwicklung der psychoanalytischen Theorie im Spiegel des Rauchens betrachtet. Bei all dem spannt er den Bogen von der Triebtheorie bis hin zur modernen Objektbeziehungstheorie und zeigt auf, wie sich unsere Sicht auf das Rauchen im Laufe der Zeit gewandelt hat. Dabei empfiehlt Römer eine Abkehr vom vorherrschenden verhaltensorientierten Ansatz zugunsten einer psychodynamischen Perspektive, die das Rauchen als Symptom tieferliegender psychischer Konflikte sieht und die Aufarbeitung unbewusster Dynamiken betont. Somit fordert er die Leserschaft auf, die Rolle des Unbewussten in der Suchtbehandlung „neu“ zu bewerten.

Auch der zweite Beitrag ist eine Suchtthematik gewidmet –der Alkoholsucht. Als Psychoanalytikerin bietet Katrin Wippersberg mit ihrer qualitativen Studie über Therapieziele in der Behandlung von Alkoholkrankheit eine tiefgehende Analyse, die sowohl die Entwicklung der Alkoholabhängigkeit als auch die verschiedenen Typologien von Betroffenen beleuchtet. Wippersberg unterstreicht die Bedeutung der Patientenperspektive und identifiziert vier zentrale Therapieziele: Autonomie, Abstinenz bzw. somatische Gesundheit, Beziehungsgestaltung und Selbstkonzept. Besonders interessant sind die Ergebnisse hinsichtlich der primären Ziele einer Behandlung, welche bestimmt den ein/ die eine oder andere/n überraschen werden.

Im dritten Beitrag lenken wird unseren Fokus auf die vielschichtige Natur von Abhängigkeiten. Die Autorin, Krystyna Frydrychiewicz-Ciula widmet sich in ihrem Beitrag „Von Saufteufeln zur Internetsucht“ dem Wandel des Suchtverhaltens unter dem Einfluss gesellschaftlicher und technischer Entwicklungen. Besonders relevant erscheint ihre Auseinandersetzung mit den neuesten Formen von Abhängigkeit, wie der Internetsucht. Die Integrative Gestalttherapeutin zeigt eindrücklich, wie Psychotherapie immer wieder neue Antworten auf die unvorhersehbaren Folgenneuer Entwicklungen finden muss und wo sie ihr Augenmerk setzen muss.

In der Rubrik Projekte unserer Zeitschrift finden wir einen interessanten Beitrag, der ein neues Licht auf die psychologischen und psychotherapeutischen Herausforderungen unserer Zeit wirft. Verfasst vom kürzlich habilitierten Psychotherapiewissenschafter, Paolo Raile, widmet sich das Plädoyer der immer präsenter werdenden Thematik der Eco-Emotions –den emotionalen Reaktionen auf die Klimakrise, die von Angst und Wut bis hin zu Trauer und Verzweiflung reichen. Als Antwort auf diese Lücke schlägt der Beitrag einen umfassenden Fortbildungsplan vor, der darauf abzielt, Psychotherapeut:innen auf die adäquate Behandlung von Patient:innen mit Eco-Emotions vorzubereiten und diese in die therapeutische Arbeit zu integrieren.

Nach den tiefgehenden Diskussionen rund um diverse Süchte und die psychischen Auswirkungen der Klimakrise, bewegen wir uns weiter zu einer leichteren, doch nicht weniger erkenntnisreichen Rubrik: den Kurzbeiträgen. In dieser Rubrik präsentiert uns Kurt Greiner zum sechsten Mal ein Cartooment – eine einzigartige und erkenntnisreiche Mischung aus Humor und wissenschaftlicher Schärfe. Greiners Cartooment Nr. 6 beleuchtet die kontroverse Frage, ob allgemeine, Therapieschulen-übergreifende Wirkfaktoren ohne einen spezifischen therapeutischen Rahmen überhaupt einen Wert haben. Durch die dynamische Interaktion der Charaktere Professor Neuromeier und Professor Psychomüller werden wir in eine tiefgründige Diskussion auf kreative und zugängliche Weise geführt und aufgefordert über den Tellerrand hinauszublicken.

Zum Abschluss unserer Ausgabe findet sich eine scharfsinnige Rezension von Eva Wimmer. Sie nimmt sich Joel Vos‘ Werk “The Economics of Meaning. From Capitalist Life Syndrome to Meaning Oriented Economy“ zur Brust. Wenn Sie also interessiert sind, wie ökonomische Strukturen unser seelisches Wohlbefinden beeinflussen können und was es bedeutet, in einer Welt zu leben, die Sinn und Zweck über Profit stellt, dann ist diese Rezension ein Muss.

Wir wünschen eine anregende Lektüre!

Kontakt für Rückfragen:

Univ. Ass. Mag. Maria Gren
Sigmund Freud PrivatUniversität Wien
maria.gren@sfu.ac.at