Forschende am Institut für psychologische Forschung an der SFU Berlin haben im Rahmen des vom BMBF geförderten Viral Communication-Projekts eine Langzeitanalyse anhand dreier versetzter Befragungen (November / Dezember 2020, März 2021 und August/September 2021) durchgeführt. Die Forschungsergebnisse zeigen, wie sich Einstellungen der deutschen Bevölkerung im Verlauf der COVID-19-Pandemie verändert haben.

Die Risikoeinschätzung in Bezug auf die persönliche Gesundheit hat seit März 2021 von 63% auf 54% abgenommen. Aufgrund der erhöhten Impfquote beziehen sich die Sorgen der Bevölkerung mittlerweile eher auf die verschiedenen Corona-Maßnahmen als auf die eigene Person. Nach mehreren Infektionswellen und den damit einhergehenden Regelungen gaben die meisten Teilnehmenden im August/September 2021 an, sich Sorgen bezüglich einer möglichen vierten Welle im Herbst zu machen (83%). Ein etwas geringerer Anteil der Menschen ist vor allem darüber besorgt, dass Virus-Mutationen das Pandemiegeschehen in Deutschland verschärfen könnten (68%). Etwa ein Viertel (24%) der Teilnehmenden gab an, die Gefahr, die von der Delta-Variante ausgeht, werde in den Medien übertrieben dargestellt. Nahezu ein Drittel war sich dessen unsicher (31%).

Die zunehmende Impfquote in Deutschland könnte auch insgesamt ein Grund für die gesunkene Risikowahrnehmung in Bezug auf gesundheitliche Komplikationen durch COVID-19 sein. Die meisten, die sich zu Beginn (Ende 2020) unsicher waren oder sich nicht impfen lassen wollten, haben sich bis August/September umentschieden. Zwischen Ende 2020 und März 2021 haben sich 47% der Unentschlossenen und Skeptiker:innen für eine Impfung entschieden. Von denen, die im März 2021 noch immer unentschlossen oder skeptisch waren, haben sich weitere 79% bis August/September 2021 umentschieden. Im Verlauf dieser Studie haben wir also in dieser Bevölkerungsgruppe eine zunehmende Impfbereitschaft beobachten können. Das Erreichen einer Herdenimmunität noch vor dem Winter 2021 wird dadurch wahrscheinlicher. „Insgesamt scheint es wichtig zu sein, durch vertrauensvolle Quellen Informationen an die deutsche Bevölkerung zu geben und dabei vor allem über die Überprüfung und Sicherheit von Impfungen aufzuklären“, erklärt Prof. Dr. Meike Watzlawik, Projektleiterin und Professorin für Entwicklung, Bildung und Kultur an der SFU Berlin.

Obwohl eine direkte Impfpflicht gegen COVID-19 wiederholt abgelehnt wurde, hat sich ein großer Teil der deutschen Öffentlichkeit für die Einführung einer generellen Impfpflicht ausgesprochen (etwa 60% seit März 2021). Die Teilnehmenden wurden im August/September 2021 gefragt, inwiefern sie unterschiedliche Impfpflicht-Szenarien befürworten würden. Beim Thema “Reisen” wurde eine verpflichtende Impfung bei internationalen Reisen, etwa mit der Fähre (80%) oder mit dem Flugzeug (80%), stärker befürwortet als beispielsweise Fahrten mit dem öffentlichem Nahverkehr (58%). Insgesamt war die Befürwortung einer verpflichtenden Impfung am höchsten für große Innenveranstaltungen (82%). Eine Impfpflicht für Freizeitaktivitäten, wie Essen im Restaurant oder Kinobesuche, wurden von mehr als 50% befürwortet.

Die Impfbereitschaft ist teilweise abhängig vom Vertrauen gegenüber denjenigen, die für die Impfung werben. Die Hauptinformationsquellen der Teilnehmenden, Christian Drosten und das Robert-Koch-Institut, sind seit Ende 2020 die, denen Personen im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie am meisten vertrauen (81%, 71% bzw. 70% im August/September 2021). Das Vertrauen in die meisten politischen Akteur:innen sank stets – vor allem im Fall von Jens Spahn. Das im März 2021 noch positive Durchschnittsvertrauen in Jens Spahn schlug bis August/September 2021 in Misstrauen um. Damit ist er unter allen Akteur:innen, die in den Befragungen vorkamen, der einzige mit einem negativen Durchschnittsvertrauen.

 

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte den detaillierten Bericht auf der Viral Communication Webseite oder kontaktieren Sie die folgenden Personen.

Prof. Dr. Meike Watzlawik (Projektleitung): meike.watzlawik@sfu-berlin.de

Axel Pfleger (quantitative Forschung): axel.pfleger@sfu-berlin.de

Lisa Herbig (qualitative Forschung): lisa.herbig@sfu-berlin.de